Simulations-Kit zur Durchführung effizienter Simulationsstudien in der Produktion

Infolge vorherrschender Megatrends sieht sich die industrielle Produktion einem rasant wandelnden Umfeld ausgesetzt [1]. Die Individualisierung der Kundenwünsche, dynamische Lieferanten- und Kundenstrukturen und gestiegene Anforderungen hinsichtlich Qualität und Liefergeschwindigkeit stellen Produktionsunternehmen vor große Herausforderungen. Um dem zunehmenden Wettbewerbsdruck standhalten zu können, sind Unternehmen gefordert, eine ganzheitliche Optimierung der Produktions- und Logistikabläufe zu erreichen [2].

Einen elementaren Optimierungsbeitrag hierzu leisten Simulationsmodelle, die die umfangreichen Produktions-, Logistikabläufe unter Berücksichtigung vielfältiger Parameter abbilden und die vorliegende Komplexität für den Anwender visualisieren und beherrschbar machen [3]. Die Durchführung ereignisdiskreter Simulationsstudien ist jedoch mit einem hohen Programmier- und Zeitaufwand verbunden und besonders für KMU nur begrenzt umsetzbar [4]. Verfügbare Softwarelösungen zur Simulation weisen in der Regel eine zu komplexe Bedienung, Programmierung oder einen unzureichenden Detaillierungsgrad auf.

Problematisches Verhältnis bestehender Simulationssoftware zwischen Komplexität in der Anwendung und abbildbaren Detaillierungsgrad

Um eine effizientere Durchführung von Simulationsstudien zu ermöglichen, wurde im Rahmen eines gemeinsamen Entwicklungsprojektes mit dem Digitalen Produktionslabor (DPL) der Hochschule Koblenz ein Simulations-Kit in der Simulationssoftware Witness entwickelt. Ziel war es, den Aufwand der Modellierung zu reduzieren, indem der Simulationsexperte sowie der Domänen-Experte des Produktionsunternehmens gleichermaßen in den Prozess der Modellerstellung einbezogen wird.

Dazu basiert das Simulations-Kit einerseits auf einer Auswahl vorprogrammierter und für vielfältige Szenarien einsetzbarer Bausteine, die per Drag-and-Drop zum Simulationsmodell zusammengesetzt werden können. Die Bausteine wurden auf Basis einer umfangreichen Analyse von vielen Simulationsstudien in der Produktion ausgewählt und für den Anwendungszweck programmtechnisch ergänzt.

Bausteine des Simulations-Kits

Weiterhin verfügt das Simulations-Kit über eine Schnittstelle zu einem entwickelten Excel-Tool, welches zur Parametrisierung sämtlicher Prozesselemente (Bausteine) genutzt wird.

Der Aufbau des experimentierbaren Simulationsmodells erfolgt in zwei Schritten:

  1. Zunächst wird der betrachtete Produktionsprozess durch einen in der Anwendung des Simulations-Kit geschulten Experten im Rahmen einer Websession abgebildet. Dabei dient ihm das Wissen des Domänen-Experten als Grundlage für den abzubildenden Prozess. Aufgrund der speziell programmierten Bausteine lässt sich bereits innerhalb der Modellierung eine deutliche Zeitersparnis erzielen.
  2. Im Anschluss erhält der Domänen-Experte des Produktionsunternehmens Zugriff auf das Excel-Tool, in welches vorab automatisiert alle im Modell abgebildeten Prozesselemente übertragen wurden. Innerhalb des Excel-Tools erfolgt die Eingabe der relevanten Parameter durch den Domänen-Experten, ohne dass hierfür fundierte Simulationskenntnisse erforderlich sind. Implementierte Eingabehilfen und Plausibilitätsprüfungen gewährleisten zudem eine beschleunigte Parametereingabe und die Ausführbarkeit des erstellten Modells, sodass dieses nach Import der Parameter sofort lauffähig ist.

Diese Aufteilung der Arbeitsschritte reduziert den Arbeitsaufwand beider Akteure maßgeblich, da sie sich nicht vorab in die Expertise des jeweils anderen einarbeiten müssen. Stattdessen setzt das Simulations-Kit auf eine enge Zusammenarbeit der Experten, durch die jeder sein Wissen in den entsprechenden Phasen einbringen kann.  Diese vorteilhafte Symbiose ermöglicht eine signifikante Aufwands- und vor allem Zeitersparnis.

Da die Simulation allein oftmals keine zielführenden Erkenntnisse zur Optimierung der Produktionsabläufe ermöglicht [5], wurden innerhalb des Kits verschiedene Dashboardfunktionen entwickelt. Diese liefern neben allgemeinen, auf den gesamten Produktionsablauf bezogenen KPIs auch maschinen-, prozessspezifische Auswertungen, sodass eine gezielte Analyse des Produktionsprozesses durchgeführt werden kann. Sämtliche Dashboards sind in die Bausteine bzw. die Simulationsumgebung integriert, sodass sämtliche KPIs und Statistiken ohne jeglichen Mehraufwand zur Verfügung stehen.

Exemplarisches Dashboard eines Förderers

Auf Grundlage des Simulationsmodells und der inkludierten Kennzahlen lassen sich in Zusammenarbeit zwischen einem Simulations- und einem Produktionsexperten zielgerichtete „was-wäre-wenn“-Szenarien simulieren, deren Auswirkungen anhand der Dashboards unverzüglich transparent dargestellt werden.

Erste Anwendungen des Simulations-Kit in der Praxis haben die Vorteilhaftigkeit und die damit verbundene Aufwandsreduzierung bestätigt. Für durchschnittliche Produktionsprozesse, bestehend aus mehreren Produktionsstationen und deren materialflusstechnischer Verkettung, inklusive diverser Material-, Produkt-Puffer, ist eine Anwendung in Form von Websessions möglich. Dies reduziert die sonst nötigen Vor-Ort-Termine auf ein Minimum und bietet weitere Kostenvorteile.

Sollten Sie Interesse an einer Web-Vorführung haben, so kontaktieren Sie uns gerne.

Quellen
[1]Westkämper, E.; Löffler, C.: Strategien der Produktion. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg, 2016.
[2]März, L.: Simulation und Optimierung in Produktion und Logistik – Praxisorientierter Leitfaden mit Fallbeispielen, SpringerLink Bücher, Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg, 2011.
[3]Wiese, J.: Simulationen in KMU – Eine erste Bestandsaufnahme. In: Sucky, E.; Werner, J.; Kolke, R. et al. (Hrsg.): Mobility in a globalised world 2015. University of Bamberg Press, Logistik und Supply Chain Management Band 14. University of Bamberg Press, Bamberg, 2016, S. 183-189.
[4]Graf, K.-R.; Klingler, F.: Ein Simulationskonzept für die Supply Chain im World Wide Web. In:  Praktische Anwendung der Simulation im Materialflussmanagement – Erfolgsfaktoren und Implementierungsszenarien, Gabler Edition Wissenschaft Leobener Logistik Cases. Gabler, Wiesbaden, 2008, S. 21-33.
[5]Wolff, M.; Manz, A.: Optimierung von Wertströmen. In: Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb (2012), Heft 4, S. 212-216.